Deutschland im UN-Sicherheitsrat

Einleitung

Im heutigen Beitrag möchte ich ein wenig auf die Rolle Deutschlands im UN-Sicherheitsrat eingehen, da sie für die Jahre 2019/2020 nicht-ständiges Mitglied sind und für den Monat April sogar den Vorsitz übernehmen darf. Zunächst werde ich allerdings auf das Gremium des UN-Sicherheitsrat und die vorhandenen strukturellen Probleme eingehen. Schlussendlich gehe ich auf die Zielsetzungen und erste Handlungen der Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat ein. Ich habe mir erlaubt, am Ende auch einen kleinen Rant bezüglich des Abstimmungsverhaltens der Bundesrepublik bei Resolutionen gegen Israel einzubauen.

Funktionen des UN-Sicherheitsrates

Der UN-Sicherheitsrat gilt als einer der wichtigsten UN-Institutionen und gilt als wichtiger Bestandteil des Internationalen Systems (auch wenn Neorealisten diesbezüglich ja eher Bauchschmerzen haben, Stichwort anarchische Struktur). Hauptaufgabe des UN-Sicherheitsrates ist die Erhaltung des Friedens auf Globaler Ebene und die Beilegung von Konflikten. Zugleich kann der Sicherheitsrat Sanktionen gegen Länder verhängen, welche gegen die Grundsätze der Vereinten Nationen und der Menschenrechtscharta verstoßen. Diese Sanktionen sind häufig im wirtschaftlichen Bereich angesiedelt, können aber auch andere Bereiche abdecken, um einen Aggressor/feindlich gesinnter Akteur zu stoppen. Resolutionen können allerdings auch den Einsatz von militärischen Mitteln autorisieren.[1] Ein Beispiel hierfür ist der Korea-Krieg von 1950 bis 1953, bei dem die Resolution 85 das Eingreifen einer UN-Streitmacht zur Unterstützung/Verteidigung Südkoreas legitimiert hat. [2]

Neben der Erhaltung des Friedens und der Beilegung von Konflikten kann der UN-Sicherheitsrat der UN-Generalversammlung die Ernennung eines Generalsekretärs vorschlagen und wählt zusammen mit der Generalversammlung die Richter des International Court of Justice. [3]

Zusammensetzung des Sicherheitsrates

Der UN-Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Dabei muss man zwischen den nicht-ständigen und den ständigen Mitgliedern unterscheiden. Die ständigen Mitglieder haben einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat und haben unter anderem das Veto-Recht, mit dem sie Resolutionen blockieren können. Die nicht-ständigen Mitglieder werden von der Generalversammlung für eine zweijährige Amtszeit gewählt. [4]

Die aktuellen nicht-ständigen Mitglieder sind:

  1. Deutschland
  2. Belgien
  3. Elfenbeinküste
  4. Peru
  5. Polen
  6. Südafrika
  7. Kuwait
  8. Indonesien
  9. Dominikanische Republik
  10. Äquatorialguinea

Die ständigen Mitglieder sind:

  1. USA
  2. Russland
  3. China
  4. Frankreich
  5. Großbritannien

Auch wenn die nicht-ständigen Mitglieder aufgrund des fehlenden Veto-Rechts keine Beschlüsse oder Resolutionen verhindern können, haben sie für die ständigen Mitglieder eine wichtige Rolle. So wird für den Beschluss einer Resolution 9 Stimmen benötigt, bei dem man sich eine entsprechende Mehrheit bei den nicht-ständigen Mitgliedern organisieren muss.[5] Wenn beispielsweise die USA eine Resolution verabschieden möchte, müssen folgende Ereignisse eintreten:

  1. Keiner der ständigen Mitglieder legt ein Veto ein
  2. Im Idealfall stimmen alle ständigen Mitglieder für die Resolution, sodass man „nur“ 4 Stimmen aus dem Lager der nicht-ständigen Mitglieder benötigt
  3. Es kann allerdings vorkommen, dass die Streitparteien, aufgrund von Artikel 27 Absatz 3 der UN-Charta sich der Stimme enthalten müssen, wenn diese Mitglied im Sicherheitsrat sind. [6]

Das zeigt, dass die Bedeutung der nicht-ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat formal nicht zu unterschätzen ist. Insbesondere bei strittigen Entwürfen können diese Länder noch einen starken Einfluss ausüben. Voraussetzung ist hierfür allerdings, dass keiner der ständigen Mitglieder ein Veto einlegt. Aufgrund des aufkommenden Großmächtekonfliktes zwischen den USA, Russland und China im Rahmen einer multipolaren Welt muss man allerdings davon ausgehen, dass diese Länder häufiger versuchen werden, Beschlüsse zu blockieren oder zu sabotieren.

Probleme des Sicherheitsrats

Einen der Kernprobleme innerhalb des UN-Sicherheitsrates habe ich damit schon angesprochen: Das Veto-Recht der ständigen Mitglieder. Diese Funktion kann sehr gut zur Blockade einer Resolution genutzt werden, wenn diese die eigenen Interessen eines ständigen Mitgliedes gefährden. Im Grunde ist die Blockade ein rationales Verhalten, da keiner der Großmächte bzw. aufstrebende Großmächte seine eigenen Interessen gefährden möchte und nehmen einen potenziellen Image-Verlust in Kauf. Als Beispiel kann man hierbei die Syrien-Resolution von 2012 nennen, bei dem Russland und China ihr Veto eingelegt haben, um ihre Interessen in der Region (unter anderem den Machterhalt von Assad) zu verteidigen). [7]

Es dürfte, so ehrlich muss man sein, auch unwahrscheinlich sein, dass man auf absehbare Zeit eine tiefgreifende Reform des Sicherheitsrates erleben wird. Keiner der ständigen Mitglieder wird auf sein Veto-Recht verzichten oder seinen Sitz aufgeben. Ideen wie die Umwandlung des französischen Sitzes in einen Sitz für die europäische Union sind sehr naiv, da man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen kann, dass Paris nicht auf diese bedeutende Position verzichten wird. [8]

Deutsche Ziele im UN-Sicherheitsrat und erste Kontroversen im Sicherheitsrat

Nachdem ich doch recht ausführlich auf den UN-Sicherheitsrat als Institution eingegangen bin, möchte ich mich nun auf die Rolle Deutschlands als nicht-ständiges Mitglied eingehen.

Der offizielle Schwerpunkt für die Mitgliedschaft als nicht-ständiges Mitglied für die Jahre 2019/2020 soll neben der Bewältigung und Prävention von Konflikten auch auf weiteren Themen liegen. So möchte man auf die Problematiken des Klimawandels für die Sicherheitspolitik hinweisen und sich für die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ engagieren. [9] Im Rahmen der Agenda soll die Gleichstellung, Teilhabe und Schutz von Frauen als zentrale Bestandteile der Außen- und Sicherheitspolitik verankert. Hierbei verweist man unter anderem auf die Resolution 1325 aus dem Jahr 2000 und anderen Resolutionen, die darauf aufbauen.[10]

Zunächst muss man festhalten, dass diese Zielsetzungen durchaus richtig und ehrenwert sind. Allerdings halte ich persönlich die Formulierungen, die das Auswärtige Amt gewählt hat, für sehr vage und beinhaltet aus meiner Sicht noch keine konkreten Pläne für mögliche Beschlüsse. Professor Fröhlich von der Universität Trier weist allerdings zu Recht darauf hin, dass man im Rahmen des „Wahlkampfes“ in der Generalversammlung zum einen versucht, keine strittigen Themen aufzugreifen und zum anderen eine Konkretisierung vermeidet. [11]

In der Praxis hat die Bundesrepublik bereits einige Schlagzeilen generiert. Der deutsche UN-Botschafter Christoph Heusgen vor einigen Tagen erste Schlagzeilen im Rahmen der SR-Mitgliedschaft generiert hat. In einer Sitzung im Rahmen des Nahostkonfliktes zwischen Israel und Palästina kritisierte er die sowohl die Palästinenser als auch die Israelis deutlich für ihre „vorgeschriebenen Reden“ und forderte Lösungsvorschläge für die Durchsetzung der Resolution 2334.[12]

Bemerkenswert an Resolution 2334 ist, dass diese Israel zum einen für ihre Siedlungsbaupolitik kritisiert und zum anderen die Klagemauer und das jüdische Viertel in Jerusalem als „besetztes Gebiet“ deklariert. Auch wird die Rolle der Hamas in dieser Resolution kaum angesprochen.[13] Dies gipfelte schließlich in den Vergleich von israelischen Bulldozern mit Raketenangriffen der Hamas.[14]

Um es klar zu stellen: Die Siedlungsbaupolitik der israelischen Regierung ist sicherlich nicht perfekt und es gibt viele Aspekte, die kritikwürdig sind. Die Einseitigkeit der angesprochenen Resolution 2334 und die Unterstützung dieser von Seiten des deutschen UN-Botschafters ist allerdings mehr als fragwürdig, da man die Rolle der radikal-islamistischen Hamas damit unterschlägt. Dies steht auch im starken Widerspruch zu den ehrenwerten Zielen, die sich die Bundesrepublik für ihre Mitgliedschaft im Sicherheitsrat gegeben hat. Mena-Watch weist zudem darauf hin, dass die Bundesrepublik 16 der letzten 21 Resolutionen gegen Israel in der Generalversammlung mitgetragen hat und sich in 4 Fällen enthalten hat.[15] Hillel Neuer, Leiter der NGO UN-Watch hat in einem Tweet von November 2018 eindrucksvoll die unfassbare Bilanz der UN-Generalversammlung aufgelistet. Während zum Zeitpunkt des Tweets 20 Resolutionen gegen Israel eingereicht worden sind, sind andere Staaten wie China, Pakistan oder Nordkorea fast ungeschoren davongekommen. [16]

In Anbetracht der Tatsache, dass Israel einer der seltenen Demokratien in dieser Region ist, ist dies absolut absurd und untergräbt auch die Beteuerung, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei.

Es lässt sich festhalten, dass eine sehr starke Diskrepanz zwischen den selbstgesteckten Zielen und der Praxis vorherrscht. Während die Zielsetzung in der Theorie gut und ehrenwert ist, missachtet man diese eigene Zielsetzung und votiert zusammen mit autoritären Staaten gegen einen demokratischen Staat, der sich gegen eine radikalislamische Terrororganisation wehren muss. Und es macht den Anschein, dass sich durch die Mitgliedschaft im Sicherheitsrat diesbezüglich nichts ändern wird. So funktioniert keine gute Außenpolitik.

  1. Vgl. United Nations Security Council: Functions and Powers. Online verfügbar unter https://www.un.org/securitycouncil/content/functions-and-powers
  2. Vgl. Resolution 85: Complaint of aggression upon the Republic of Korea. Online verfügbar unter http://unscr.com/en/resolutions/85
  3. Vgl. United Nations Security Council: Functions and Powers. Online verfügbar unter https://www.un.org/securitycouncil/content/functions-and-powers
  4. Vgl. UNRIC: Sicherheitsrat. Online verfügbar unter https://www.unric.org/de/aufbau-der-uno/88
  5. Vgl. Prof. Manuel Fröhlich: „Die Augen werden auf Deutschland gerichtet sein“. Online verfügbar unter: https://www.uni-trier.de/index.php?id=65274&tx_news_pi1%5Bnews%5D=17236&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=cef5f50ccd806693cf6ff784107c2f64&fbclid=IwAR0hjfFM8t2uECCU9GLNK2KHrj7nRtBI2rklKbQEdwV37IcmGRaUajnAk9U
  6. Vgl. Charta der Vereinten Nationen. Online verfügbar unter https://www.unric.org/html/german/pdf/charta.pdf
  7. Syrien-Resolution scheitert erneut an Putin und Hu. Online verfügbar unter https://www.zeit.de/politik/ausland/2012-07/syrien-resolution-veto-russland-china
  8. Vizekanzler Scholz will EU-Sitz im UN-Sicherheitsrat. Online verfügbar unter https://www.dw.com/de/vizekanzler-scholz-will-eu-sitz-im-un-sicherheitsrat/a-46494930
  9. Deutschland, Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2019/2020. Online verfügbar unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/internationale-organisationen/uno/07_Sicherheitsrat
  10. Frauen, Frieden und Sicherheit. Online verfügbar unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/themen/menschenrechte/05-frauen/frauen-konfliktpraevention-node
  11. Vgl. Prof. Manuel Fröhlich: „Die Augen werden auf Deutschland gerichtet sein“. Online verfügbar unter: https://www.uni-trier.de/index.php?id=65274&tx_news_pi1%5Bnews%5D=17236&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=cef5f50ccd806693cf6ff784107c2f64&fbclid=IwAR0hjfFM8t2uECCU9GLNK2KHrj7nRtBI2rklKbQEdwV37IcmGRaUajnAk9U
  12. Vgl. Heusgen löst unerwartete Debatte aus. Online verfügbar unter https://www.tagesschau.de/ausland/israel-667.html
  13. Vgl. Resolution 2334. Online verfügbar unter: https://www.un.org/webcast/pdfs/SRES2334-2016.pdf
  14. Vgl. Wie der deutsche UNO-Botschafter Israel mit der Hamas gleichsetzte. Online verfügbar unter: https://www.mena-watch.com/mena-analysen-beitraege/wie-der-deutsche-uno-botschafter-israel-mit-der-hamas-gleichsetzte/
  15. Vgl. Wie der deutsche UNO-Botschafter Israel mit der Hamas gleichsetzte. Online verfügbar unter: https://www.mena-watch.com/mena-analysen-beitraege/wie-der-deutsche-uno-botschafter-israel-mit-der-hamas-gleichsetzte/
  16. https://www.mena-watch.com/wp-content/uploads/2018/11/neuer_un.jpg

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