Einleitung:
Inspiriert von der aktuellen Folge des Podcasts „Sicherheitshalber“ (welcher übrigens sehr hörenswert ist, um mal ein wenig Werbung zu machen), habe ich mich entschlossen, selber mal ein bisschen was über sogenannte Hyperschallwaffen bzw. hypersonic weapons zu schreiben. Zunächst werde ich darauf eingehen, was man unter Hyperschallwaffen überhaupt versteht und wie der aktuelle Stand der Technik ist. Dabei gehe ich beispielhaft auf einige Entwicklungen der Großmächte ein. Anschließend möchte ich darauf eingehen, welche Folgen diese Entwicklungen im strategischen Bereich nach sich ziehen wird.
Was versteht man unter Hyperschallwaffen?
Hyperschall im Allgemeinen definiert sich durch extrem hohe Fluggeschwindigkeiten. Der Bereich reicht dabei von Mach 5 (5.500km/h) bis zu Mach 20 (22.000km/h). Im Bereich der Waffentechnologie lassen sich drei Teilbereiche ausmachen: „hypersonic aircraft“, „hypersonic Cruise-Missiles“ (HCM) und „hypersonic glide vehicles“ (HGV). Während hypersonic aircrafts und HCMs Weiterentwicklungen von bereits vorhandenen Waffensystemen sind, sind HGVs eine recht neue Technologie. [1] Diese werden zunächst mit konventionellen ballistischen Raketen in die notwendige Höhe transportiert und können, wenn diese ihre notwendige Höhe erreicht haben, mit einer hohen Geschwindigkeit ihre Ziele erreichen.
Der Aktuelle Stand:
Russland:
Im Februar 2019 hat die russische Regierung offiziell angekündigt, dass sie an einer hypersonic Cruise Missile arbeiten. Die „Tsirkon“ soll laut offiziellen Angaben eine Geschwindigkeit von Mach 9 erreichen und eine Reichweite von 1000km haben. Diese soll dabei sowohl Ziele auf dem Land als auch auf dem Wasser (Marineschiffe etc.) angreifen können. [2]
Schon im Dezember 2018 wurde außerdem die Entwicklung der „Avangard“ öffentlich bekannt. Dieses HGV soll zugleich in der Lage sein, nukleare Sprengköpfe zu transportieren, welche in Hyperschallgeschwindigkeit zu ihren Zielen transportiert werden.
Diese zwei Entwicklungen zeigen, dass Russland einiges an Ressourcen für die Entwicklung von Hyperschallwaffen investiert. Insbesondere die Äußerung, dass die Avangard in der Lage sein soll, Nukleare Sprengköpfe zu transportieren, dürfte den anderen Großmächten (USA und China) Sorgen bereiten. Dazu später mehr.
USA:
Auch die USA forschen bereits im Bereich der Hyperschallwaffen. Im April 2018 schloss das Pentagon einen Vertrag mit Lockheed Martin zur Entwicklung einer solchen Waffe. Ein weiterer Deal wurde im August abgeschlossen, welcher die Entwicklung einer sogenannten „Air-Launched Rapid Response Weapon“ vorsieht. [3]
Allerdings ist auch erwähnenswert, dass die USA momentan keinerlei Abwehrmöglichkeiten der bereits existierenden Waffensysteme besitzt. Laut einem Bericht des U.S Government Accountability Office gebe es bisher keine geeigneten Abwehrsysteme auf Seiten des U.S Militärs.
Dies deutet darauf hin, dass das Pentagon die Gefahren dieses Waffensystems bzw. dieser Entwicklungen bewusst ist, allerdings einen deutlichen Rückstand gegenüber Russland und China hat. Dementsprechend sollte es die Priorität des DoD sein, sowohl offensive Kapazitäten aufzubauen als auch defensive Gegenmaßnahmen zu entwickeln, sodass die Navy und andere Bereiche der U.S Armee weniger verwundbar für militärische Schläge sind.
China:
Bereits 2014 konnte die chinesische Regierung erste Erfolge feiern. Im Januar 2014 wurde die WU-14 erstmals getestet, welche ebenfalls eine HGV ist. Laut offiziellen Angaben hat diese eine Geschwindigkeit von 11.000km/h erreicht, welche ungefähr Mach 10 entspricht. [4] Im November 2017 wurde zudem die ballistische Rakete DF-17 getestet. [5]
Auch hier lässt sich festhalten, dass China erhebliche Anstrengung in die Entwicklung dieser Waffentechnologie steckt.
Strategische Implikationen
Einer der großen Vorteile von hypersonic weapons ist, wie schon angedeutet, die extrem hohe Geschwindigkeit. Dadurch ist es für konventionelle Abwehrsysteme beinahe unmöglich, eine Cruise Missile abzufangen, welche mit über 5.000km/h auf ein Ziel zufliegt. Ein weiterer Effekt ist, dass diese Waffen ihre Ziele deutlich schneller erreichen und somit eine Vorbereitung auf einen Angriff deutlich erschwert.
Besonders brisant wäre dies, wenn man die Hyperschall-Technologie mit nuklearen Sprengköpfen versieht. Diese könnten den Abschreckungseffekt abschwächen, wenn eine Gegenseite nicht über entsprechende Abwehrmaßnahmen verfügt. Dies hätte zur Folge, dass ein nuklearer Zweitschlag deutlich erschwert wird, wenn man entsprechend militärische Anlagen vorher anvisiert und ausschaltet.
Eine Möglichkeit, diese Waffen zu kontern, könnte in der frühzeitigen Ausschaltung der Hypersonic Glide Vehicles sein, damit diese ihre Waffen gar nicht erst in die notwendigen Höhen transportieren kann. Problematisch kann hierbei allerdings sein, dass man nicht zwangsläufig erkennen kann, ob der Start eines solchen Vehikels direkt ein feindseliger Akt ist oder lediglich ein Technologietest darstellt.
Schütz erwähnt zudem die Möglichkeit, dass die Staaten, insbesondere die Großmächte, Weltraum-basierte Frühwarnsysteme aufbauen könnte. Er verweist darauf, dass evtl. sogar aktive Abwehrsysteme im Weltraum angedacht werden. [6]
Dies hätte zur Folge, dass eine Militarisierung des Weltraums stattfindet. Während aktuell eher über Frühwarnsysteme diskutiert wird, würde es auch die Möglichkeit eröffnen, auch offensive Systeme zu entwickeln. Um mal ein wenig weiterzuspinnen:
Man könnte Systeme gestalten, welche in der Lage sind, vom Weltraum aus innerhalb kürzester Zeit offensive Militärschläge gegen Installationen und andere Anlagen durchzuführen. Damit hätte man im Bereich der konventionellen Kriegsführung eine neue Ebene eröffnet und es dürfte fraglich sein, ob man solche Angriffe wirklich komplett abwehren kann.
Fakt ist: Je mehr ich über die Entwicklung dieser Waffensysteme und die mögliche Nutzung des Weltraums als weitere Ebene des Schlachtfeldes nachdenke, desto mehr Verständnis habe ich für die Gründung der Space Force, welche von Präsident Trump initiiert wurde. Der Hohn, der darüber gebracht würde, dürfte sowieso am ehesten seiner Person geschuldet sein und ich denke nicht, dass man darüber gelacht hätte, wenn dies ein anderer US-Präsident angekündigt hätte.
Eine Beschränkung dieser Entwicklungen halte ich aufgrund des aufkommenden Großmächtekonflikts innerhalb der neuen, multipolaren Welt für unwahrscheinlich. Abrüstungsinitiativen, welche u.A von Deutschland vorangetrieben werden, sind zwar schön und gut, sind aber auch reichlich naiv. Weder Washington noch Peking und Moskau werden freiwillig ihre Waffenentwicklungen einschränken. Dies gilt übrigens auch für autonome Waffensysteme.
- Vgl. Schütz, Torben (2019): Hypersonic Weapons will decrease global Strategic Stability – and current Control Regimes Won’t do. DGAP kompakt, März 2019 ↑
- Vgl. Reid, David (2019): Putin confirms development of Russias hypersonic cruise missile called Tsirkon. Online verfügbar unter https://www.cnbc.com/2019/02/20/putin-confirms-tsirkon-russian-hypersonic-cruise-missile.html ↑
- Vgl. Rogers, James (2018): US unable to deend against Russian and Chinese hypersonic weapons, report warns. Online verfügbar unter https://www.foxnews.com/tech/us-unable-to-defend-against-russian-and-chinese-hypersonic-weapons-report-warns ↑
- Vgl. Lee, Felix; Greber, Wolfgang (2014): China testet hyperschnellen Flugkörper. Online verfügbar unter https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/1547122/China-testet-hyperschnellen-Flugkoerper ↑
- Vgl. Button, Keith (2018): Hypersonic weapons race. Online verfügbar unter https://aerospaceamerica.aiaa.org/features/hypersonic-weapons-race/ ↑
- Vgl. Schütz, Torben (2019): Hypersonic Weapons will decrease global Strategic Stability – and current Control Regimes Won’t do. DGAP kompakt, März 2019 ↑