Im folgenden Beitrag möchte ich ein wenig über den aktuellsten Konflikt zwischen den USA und Huawei/China schreiben. Von da aus werde ich auch noch mal einen Schwenk zur europäischen Sicherheitspolitik und der Rolle der Bundesrepublik machen.
In den letzten zwei Tagen ging es hoch her im vor sich hin köchelnden Konflikt zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten. Die Vereinigten Staaten haben am vergangenen Freitag angekündigt, dass US-Firmen, welche Technologie an chinesische Unternehmen wie Huawei verkaufen, zukünfig eine Lizenz vom amerikanischen Handelsministerium benötigen. In der Nacht zum Montag hat Google schließlich die Geschäftsbeziehungen zu Huawei auf Eis gelegt und den Zugang zu ihren Android-Diensten gesperrt. Das bedeutet, das zukünftige Smartphones von Huawei keinen Zugang mehr zum Play-Store (Android-Variante des App Stores) und andere Services wie Google Maps haben.
Auch andere US-Unternehmen wie Intel und Qualcomm haben ihre Beziehungen vorerst auf Eis gelegt und Lieferungen von CPUs und anderen Chips eingestellt. Zwar wurde die Regelung vonseiten der US-Behörden etwas gelockert, sodass eine Lizenz nur noch für neue Produkte notwendig ist, aber das Signal ist dennoch klar: Wir kündigen nicht nur an, wir setzen unsere Drohungen um.
Huawei ist auch im Bereich der 5G-Technologie nicht unumstritten, da es durchaus Befürchtungen gibt, dass diese Backdoors in ihre Router/Technik implementieren und unter Umständen Industriespionage oder die Spionage von militärischer Kommunikation betreiben könnten. Diesbezüglich ist die Trump-Administration auch mit Europa im Clinch und fordert europäische Regierungen dazu auf, keine Huawei-Technologie zum Ausbau ihrer 5G-Kapazitäten zu nutzen. Richard Grenell, US-Botschafter in der Bundesrepublik, hat bereits einen Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmeier geschrieben.
Im Grunde zeigt der Konflikt zwischen der Volksrepublik und den USA in der Huawei-Thematik nur, dass beide Großmächte ihr Visier herunterklappen und zukünftig auch in weiteren Themenbereichen einen deutlich raueren Ton einschlagen werden. Im Falle des Streits um Huawei könnte die Volksrepublik als Gegenschlag ein Verkaufsverbot von Apple-Produkte verhängen und evtl. den Export von Apple-Geräten aus chinesischen Fabriken (Foxconn) massiv erschweren. Verlierer wären, ganz klar, US-Unternehmen, welche in China produzieren lassen. Nun kann man sicher argumentieren, dass ein großer Teil der Spannungen durch Trumps „Art of the Diplomacy“ generiert wird, man sollte allerdings nicht unterschlagen, dass bereits die Obama-Administration den „pivot to asia“ beschlossen hat und den Blick verstärkt in Richtung Ostasien gelenkt hat. Man hat sich aufseiten des State Departments und des Pentagons also schon länger auf einen neuen „Kalten Krieg“ zwischen der aufkommenden Supermacht China und den USA und den daraus resultierenden Folgen für die Geopolitik vorbereitet.
Das bedeutet allerdings auch, dass dies Folgen für die europäische Sicherheitspolitik hat. Wenn die Vereinigten Staaten tatsächlich ihren Fokus auf China/Ostasien legen, werden sie zwangsläufig Europa geostrategisch zurückstellen. (Anmerkung: Dies wäre übrigens auch ein effektiver Weg, die europäischen Staaten zu einer Erhöhung ihrer Verteidigungsbudgets zu bringen).
Das impliziert natürlich, dass Europa zukünftig eigenständiger im Bereich der Sicherheitspolitik werden muss und Abschreckungskapazitäten (konventionell/nuklear/Cyber) aufbauen muss, um ein Gleichgewicht mit Russland herzustellen.
Und hier kommt der Knackpunkt bzw. ein möglicher Spaltpilz: Die Bundesrepublik.
Zu offiziellen Anlässen oder guten Gelegenheiten präsentiert sich die Bundesrepublik gerne als ein Vorreiter des Multilateralismus und kündigte gar als Reaktion auf die Präsidentschaft Trumps eine „Allianz der Multilateralisten“ an. Angela Merkel wurde eine Zeit lang als neue Führerin der freien Welt zelebriert. Allerdings sieht das ganze anders aus, wenn es um unangenehme Thematiken geht.
Wie in den ersten beiden Beiträgen meines Blogs beschrieben, agiert die Bundesrepublik in unangenehmen Fragen gerne mal anders, als sie es selber propagieren. Im Rahmen der 2%-Debatte innerhalb der NATO zeigt man mittlerweile recht offen, dass man nicht viel davon hält. Außenminister Maas hat US-Vizepräsident Pence darauf verwiesen, dass Haushaltsplanungen kompliziert seien und man diese von außen nicht verstehen könne. [1]Alleine der Versuch, den Vize-Präsidenten der Vereinigten Staaten zu belehren, dürfte in Washington nicht gut angekommen sein.
Und wenn man sich den Eckpunkteplan für den Haushalt für die Jahre 2020-2023 anschaut, wird man nicht einmal die 1,5% des BIP für Verteidigung erreichen. Nun kann man sicher darüber diskutieren, ob man solche Grenzen wirklich an einem volatilen Indikator wie dem BIP koppeln sollte, aber man kann nicht erwarten, dass Kritik ernstgenommen wird, wenn man gar keine Anstrengungen unternimmt. Man sollte nicht glauben, dass die Diskussion aufhören wird, wenn Trump nicht mehr US-Präsident ist. Die letzte politische Absprache diesbezüglich (Wales 2014) fand schließlich unter einem demokratischen US-Präsidenten statt.
Weiterhin verärgert man die osteuropäischen Partnerländer mit dem Bau der Gaspipeline Nordstream 2. offiziell soll Nordstream 2 den Transport von russischem Gas nach Zentraleuropa vereinfachen, man kann aber auch davon ausgehen, dass man hiermit die energiepolitische Abhängigkeit von Russland weiter erhöht. Gerade ein sensibler Bereich wie die Energiepolitik ist ein sehr netter Bereich, um politische Forderungen zu untermauern und hat dementsprechend Erpressungspotenzial. Auch hier ist Multilateralismus von Seiten der Bundesregierung nicht mehr gern gesehen und ignoriert die Bedenken von anderen europäischen Staaten ganz gekonnt.
Es ist schließlich festzuhalten, dass die USA mittel- bis langfristig mit einer „Eindämmung“ Chinas beschäftigt sein werden und dementsprechend Europa eine kleinere Rolle als im Kalten Krieg spielen wird. Das bedeutet aber, dass die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik einen deutlich veränderten Kurs fahren muss. Das bedeutet:
- Abkehr von einem übertriebenen Moralismus und Anerkennung von außenpolitischen Realitäten.
- Intensivierung der Zusammenarbeit mit europäischen Partnerländern im Bereich der Sicherheitspolitik zum Aufbau von gemeinsamen Abschreckungskapazitäten.
- Eine Intensive Untersuchung, ob ein so heikles Projekt wie Nordstream 2 wirklich notwendig ist.
- Modernisierung der Bundeswehr und Aufstockung ihrer Kapazitäten; Dies bedeutet auch die Erhöhung des Verteidigungsbudgets.
- https://www.welt.de/politik/ausland/article191327233/70-Jahre-Nato-Mike-Pence-hat-keine-Ahnung-findet-Heiko-Maas.html ↑