Ich gebe zu: Ich bin bezüglich der Person Heiko Maas schon seit seiner Zeit als Bundesjustizminister nicht wirklich neutral. Zu gravierend waren „Projekte“ wie das unausgegorene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und die doch recht seltsame Entlassung von Generalstaatsanwalt Harald Range im Zuge der Netzpolitik.org Affäre.
In seiner Rolle als Außenminister schafft er es dann doch, mich endgültig zum Kochen zu bringen. Sinnbildlich dafür ist der immer noch anhaltendende Konflikt bezüglich des Vorschlags von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, eine Internationale Schutzzone im Norden Syriens zu errichten. Hauptproblem ist hierbei das doch recht harsche Vorgehen von ihr, ohne das Auswärtige Amt rechtzeitig über die Veröffentlichung ihrer Idee zu informieren.
In der Tat war ihr Vorgehen in der Hinsicht ziemlich unglücklich und reiht sich ein in eine Reihe von Kommunikationspannen, welche ihr bereits in ihrer Rolle als CDU-Chefin geschehen sind. Den Inhalt der Initiative fand ich allerdings gar nicht mal so schlecht. Zum ersten Mal seit langem gab es endlich mal eine richtige außenpolitische Initiative, welche deutlich über das banale „Beide Seiten müssen an einen Tisch kommen“ Statements des Außenministeriums hinaus geht. Das hat dem Außenminister natürlich überhaupt nicht gefallen und kritisierte sie dafür in aller Öffentlichkeit ziemlich scharf. Das Ganze ging sogar so weit, dass er seine Kabinettskollegin im Beisein des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu vorführte. Einen Vorgang, den man aus der Bundesregierung eigentlich nicht kennt und sich auch nicht gehört. Natürlich ist es richtig, dass solche Initiativen zumindest mit dem Außenministerium koordiniert werden müssen und nicht so harsch in die Öffentlichkeit geblasen werden sollten.
Andererseits kann man den Außenminister auch mal fragen, warum mittlerweile Kabinettskollegen seinen Job machen müssen und solche Initiative überhaupt entwickeln und in Erwägung ziehen. Auch darf er sicher sein, dass sein Verhalten in anderen europäischen und außereuropäischen Hauptstädten registriert und eingeordnet wird. Ein ähnliches Verhalten hat man von ihm schon bei US-Vizepräsident Mike Pence gesehen, welchen er bezüglich des Haushaltsverfahren belehren wollte und indirekt Ahnungslosigkeit vorgeworfen hat. [1]
Dementsprechend ist es kein Wunder, dass die Bundestagsfraktion der FDP den Außenminister für sein Verhalten rügen möchte und man kann nur hoffen, dass dieser Antrag eine entsprechende Resonanz bei anderen Parteien wie der CDU findet. Das kümmert ihn anscheinend wenig und wirft der Verteidigungsministerin heute sogar vor, die deutsche Außenpolitik beschädigt zu haben. [2]
Ein Vorwurf der zum einen sehr schwerwiegend ist und zum anderen schlicht und ergreifend falsch ist. Schädlich ist es eher, jahrelang im außen- und sicherheitspolitischen Koma zu liegen und die Außenpolitik darauf auszulegen, den moralischen Lehrmeister zu spielen. Besonders gerne wird dies gegenüber der Trump-Administration gemacht, weil man hier einen unbeliebten US-Präsidenten attackieren kann. Dem Außenminister sollte klar sein, dass so ein Vorgehen nicht auf Dauer funktionieren wird, gerade da man selber multilaterale Abkommen wie dem 2%-Abkommen im Rahmen der NATO nicht erfüllt bzw. nicht erfüllen möchte. Wenn man böse ist, könnte man auch von einem sicherheitspolitischen Free-Rider Deutschland sprechen.
Ein weiteres „Goldstück“ wurde mir heute morgen in meine Twitter-Timeline gespült. Der ehemalige Commanding General der US Army Europe in Wiesbaden, Ben Hodges, hat auf einen Tweet von Heiko Maas reagiert und zurecht darauf hingewiesen, dass die deutsche Wiedervereinigung vor allem durch die USA und auch der ehemaligen UdSSR möglich gemacht wurde, während der Außenminister in seinem Tweet ernsthaft schrieb, dass die deutsche Einheit ein „europäisches Geschenk“ gewesen wäre und die Rolle der beiden Großmächte einfach ganz dreist unter den Teppich gekehrt wurde. Dabei waren es die europäischen Staaten Großbritannien und Frankreich, welche in der Anfangszeit eine stark ausgeprägte Skepsis gegenüber einer deutschen Wiedervereinigung hatten. Die britische Premierministerin Thatcher hat sogar gegenüber dem damaligen sowjetischen Staatschef zugegeben, dass sie gegen ein vereintes Deutschland sei. [3]
Man muss schon sehr dreist sein, um die Rolle der Vereinigten Staaten im Wiedervereinigungsprozess zu verschweigen. Dies hätte man auch in einem 280-Zeichen Tweet schaffen können, wenn man wirklich gewollt hätte. Stattdessen nutzt man dieses historische Ereignis dazu, um der bösen Trump-Administration eins auszuwischen.
Vielleicht bin ich wirklich nicht objektiv und ich habe positive Aspekte seiner bisherigen Amtszeit vergessen (gerne in den Kommentaren ansprechen) aber diese Sachen sind für mich schlicht und ergreifend inakzeptabel. Das Verhalten von Maas ist für eine kleine Kommunikationspanne absolut überzogen und einer Kabinettskollegin die „Beschädigung der deutschen Außenpolitik“ vorzuwerfen ist ein ziemlich starkes Stück. Gleichzeitig verpennt man es aber selber, solche notwendigen Initiativen zu entwickeln und zu präsentieren. Lieber bleibt man bei einer moralüberladenen Außenpolitik und garniert das Ganze mit einem Hauch Free-Ridertum, weil man lieber soziale Geschenke mit der Gießkanne verteilen möchte, anstatt sich der Realität der internationalen Beziehungen anzupassen. Müsste ich die Außenpolitik von Heiko Maas benoten, wäre eine 5,0 noch sehr gnädig.
- https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article191377133/Mike-Pence-hat-keine-Ahnung-findet-Heiko-Maas.html ↑
- https://www.welt.de/politik/deutschland/article203003090/Nordsyrien-Maas-wirft-AKK-Beschaedigung-deutscher-Aussenpolitik-vor.html?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter ↑
- https://www.spiegel.de/geschichte/margaret-thatcher-und-die-wiedervereinigung-a-951099.html ↑