Die letzten Tage und Wochen waren ziemlich turbulent im Iran und waren eine neue Stufe der Eskalation in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran. Spätestens nach der Aufkündigung des JCPOA war klar, dass die Trump-Administration einen deutlich härteren Gang gegenüber dem Regime in Teheran einlegen wird, um die Rolle des Iran als Regionalmacht einzudämmen. Die letzten Ereignisse waren hierfür sinnbildlich.
Was ist passiert?
Am 27.12.2019 wurde die Luftwaffenbasis in Kirkuk von ungefähr 30 Raketen angegriffen, bei dem ein amerikanischer Staatsbürger getötet wurde und mehrere weitere Personen verletzt worden sind[1]. Relativ schnell verdächtigte die US-Regierung eine vom Iran unterstützte Miliz hinter dem Angriff und führte Luftschläge gegen die beschuldigte Miliz durch. [2]Als erneute Gegenreaktion von Seiten der Milizen wurde wenig später die US-Botschaft in Bagdad angegriffen, bei dem ebenfalls der Iran als Drahtzieher verdächtigt wurde. [3]
Schlussendlich kam es zum Anschlag auf den damaligen General der iranischen Revolutionsgarden, Quasem Soleimani. Dieser wurde, als er sich im Irak aufhielt, von einer US-amerikanischen Drohne getötet und löste zeitweise eine Eskalationsspirale in der Region aus.[4] Der Iran führte einen erneuten Schlag gegen eine Armeebasis im Irak durch und das irakische Parlament hat sich für den sofortigen Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Land ausgesprochen. Besonders tragisch ist hierbei der Absturz einer ukrainischen Passagiermaschine zu benennen, bei dem der Iran offen zugegeben hat, diese ausversehen abgeschossen zu haben. [5] Die Folge sind nun innenpolitische Proteste gegen die iranische Regierung. [6]
Einordnung der Ereignisse:
Es ist klar, dass der Militärschlag der US-Regierung ein sehr riskantes Manöver war. Soleimani war ein Top-General des iranischen Militärs und ein Angriff auf einen solchen Vertreter des Staates hätte unter Umständen eine volle Eskalation des Konflikts auslösen können. Ich hatte irgendwo den Vergleich mit Sarajevo (1.Weltkrieg) gelesen und hatte durchaus den Eindruck, dass eine Phase in dieser Krise gab, bei der alles offen war. Das Resultat, ein weiterer Angriff auf eine Militärbasis im Irak, war dementsprechend eine sehr milde Reaktion und zeigt, dass das Regime in Teheran in diesen Themenbereichen durchaus rational denkt. Eine komplette Eskalation hätte das Ende für die islamische Republik bedeutet. Allerdings ist das Thema für Teheran noch lange nicht ausgestanden; Wie schon im vorherigen Kapitel angesprochen, bringt der versehentliche Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine innenpolitische Probleme mit sich und es haben sich starke Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung gebildet.
Aber auch die US-Amerikaner sind nicht klar als Gewinner zu identifizieren. Während sie mit dem Schlag gegen Soleimani dem iranischen Regime durchaus wehtun konnte, dürfte der erzwungene Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak den geopolitischen Interessen der Vereinigten Staaten schaden und Ländern wie Russland und China nutzen. Nach dem selbstverschuldeten Verlust der Kurden als Verbündete in der Region und der leichten Stabilisierung des Assad-Regimes in Syrien ist dies eine weitere Niederlage für die US-Administration.
Meine Erwartung für die nächste Zeit ist, dass der Iran das JCPOA-Abkommen endgültig beendet und das Atomprogramm mittelfristig wiederbeginnen wird. Die Vereinigten Staaten werden sich eine neue Strategie für den Nahen Osten überlegen müssen; Auch wenn in den USA dieses Jahr gewählt wird und Trumps Basis klar isolationistisch geprägt ist, können die Vereinigten Staaten diese Region aus geopolitischen Gründen verlassen. Zum einen möchte man Gegenspieler wie Russland und China eindämmen und zum anderen ist die Ressourcentechnische Bedeutung der Region immer noch hoch.
Klar ist auch, dass sich auch die Europäische Union bereits Pläne mit dem Umgang eines aggressiveren Irans zurechtlegen muss, da JCPOA nicht mehr überlebensfähig ist. Dabei stehen sie vor einem Dilemma; Auf der einen Seite möchten sie das Regime in Teheran natürlich nicht offen unterstützen und damit die Vereinigten Staaten und Israel vergrätzen (Wäre aus meiner persönlichen Sicht auch ein ziemlich starkes Stück) und zum anderen sehen sie auch die Völkerrechtlichen Problematiken, die der Drohnenschlag gegen Soleimani mit sich bringt und den schwierigen Umgang mit Präsident Trump.
Ein stabiler Frieden im Nahen Osten ist damit auf jeden Fall nicht wahrscheinlicher geworden.
- Vgl. https://www.stripes.com/news/middle-east/american-defense-contractor-killed-troops-wounded-in-rocket-attack-on-base-in-kirkuk-1.612677 ↑
- Vgl. https://www.nytimes.com/2019/12/30/world/middleeast/iraq-airstrikes-us-iran-militias.html ↑
- Vgl. https://www.npr.org/2020/01/01/792832307/iran-is-accused-of-being-behind-attack-at-u-s-embassy-in-iraq?t=1578926737954 ↑
- Vgl. https://www.bbc.com/news/world-middle-east-50979463 ↑
- Vgl.https://edition.cnn.com/2020/01/11/middleeast/iran-shot-down-ukrainian-plane/index.html ↑
- Vgl. https://edition.cnn.com/2020/01/13/middleeast/iran-protests-pressure-khamenei-intl-hnk/index.html ↑