Dieser Blogbeitrag soll kurz auf zwei aktuelle Ereignisse rund um China eingehen, da ich diese durchaus bemerkenswert finde und ich der Meinung bin, dass man diese ansprechen sollte.
Deutscher Botschafter in China einbestellt
In der letzten Woche hat es ziemlich geknirscht in den deutsch-chinesischen Beziehungen. Während Angela Merkel mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach China gereist ist und das Thema Hongkong sehr vorsichtig angesprochen hat, ist Heiko Maas in die Offensive gegangen und hat sich mit dem Aktivisten Joshua Wong getroffen, welcher als eine wichtige öffentliche Figur für die aktuellen Proteste gilt. [1]
Die Reaktion der chinesischen Reaktion war überraschend harsch, auch wenn man durchaus mit Missfallen rechnen konnte. So wurde ziemlich zügig der deutsche Botschafter in Peking zum Rapport bestellt und es wurde ziemlich direkt mit negativen Konsequenzen für die bilateralen Beziehungen gedroht. Besonders interessant ist, dass die Volksrepublik auch mehrfach die Bundesregierung aufgefordert habe, die Einreise von Wong zu verbieten. Soviel zu „wir respektieren die Souveränität von anderen Ländern“.
Insgesamt finde ich an dieser Thematik zwei Sachen spannend:
- Es war, so scheint es mir zumindest, kein abgestimmtes Verhalten innerhalb der großen Koalition. Während Merkel und ihre Delegation versucht, das Thema möglichst vorsichtig anzufassen, geht Außenminister Maas direkt in die Konfrontation mit der chinesischen Regierung und trifft regierungskritische Aktivisten. Jetzt wäre ich gerne mal Mäuschen im nächsten Koalitionsausschuss.
- Die Reaktion der chinesischen Regierung war rhetorisch gesehen ziemlich harsch, auch wenn man durchaus mit Missfallen rechnen konnte. Gerade die Tatsache, dass man ziemlich direkt mit Konsequenzen für die bilateralen Beziehungen droht und den Botschafter einbestellt zeigt, dass Peking sich seine Rolle als aufstrebende Großmacht sehr bewusst ist und diese immer stärker dazu nutzt, um andere Länder zu beeinflussen. Denn was ist wirkungsvoller als eine solche Drohung gegen ein Land, welches massiv vom Export nach China abhängig ist? Das zeigt sich vor allem bei Siemens CEO Joe Kaeser, der sich gerne mal mit politischen Meinungen in der Öffentlichkeit profilieren will. Während er eine Partei wie die AfD zurecht kritisiert, wird er beim autoritären Regime in Peking plötzlich ziemlich ruhig und argumentiert, dass man die „eigenen moralischen Werte und Interessenslagen“ bezüglich China besonders abwägen müsse. Für mich ist das ehrlich gesagt eine perfekte Definition von Doppelmoral. Auch als exportabhängige Nation sollte man sich solche Drohgebärden nicht gefallen lassen und die Regierung in Peking auf ihre Missstände im innenpolitischen Bereich hinweisen.
Zwar kann man nun durchaus argumentieren, dass die internationalen Beziehungen und die Außenhandelswirtschaft nicht vorrangig von moralischen Werten gelenkt werden sollten, selbst unter rein strategischen Gesichtspunkten ist es allerdings nicht hilfreich, sich von China unterbuttern zu lassen. Gerade unter dieser Betrachtungsweise wäre es spätestens jetzt wichtig, eine europäische/westliche Antwort auf die immer selbstbewusstere Außenpolitik der Volksrepublik zu finden. Ich persönlich halte nichts davon, China einen Freifahrtsschein für ihr Verhalten zu geben, nur um wirtschaftliche Beziehungen aufrechtzuerhalten. Ich gehe davon aus, dass wir mittel- bis langfristig noch viel „Spaß“ haben werden mit der neuen Großmacht China, welche sich im Übrigen auch ziemlich offensiv im südchinesischen Meer ausbreitet und bezüglich Taiwans immer offensiver agiert. Dazu mehr im zweiten Teil des Beitrags.
Taiwan wird immer weiter isoliert
Ein weiteres Beispiel für ein geostrategisch geprägtes Verhalten der chinesischen Außenpolitik ist der Umgang mit der abtrünnigen Insel Taiwan. In den letzten Jahren hat man immer unverhohlener mit einem militärischen Einsatz gedroht, um die Insel wieder zurück in die Volksrepublik zu holen. Natürlich versucht man ebenfalls, die Regierung in Taipeh immer weiter zu schwächen und zu isolieren. Ein wunderbares Beispiel dafür habe ich heute morgen (recht zufällig, zugegeben) in einem Artikel der South China Morning Post gefunden. [2]
Grob zusammengefasst geht es darum, dass die Volksrepublik große Investitionen im Pazifikraum tätigt, um die Isolation Taiwans weiter auszubauen. Als Fallbeispiel werden hierbei die Salomoninseln benannt, welche laut South China Morning Post als bisher wichtigster Partner von Taiwan galt. Doch ziemlich plötzlich bezeichnet der Premierminister der Salomoninseln die Beziehungen zu Taiwan als nutzlos und es findet eine öffentliche Debatte statt, ob man sich nicht doch lieber dem mächtigen Festlandchina annähern möchte und den de-facto Staat Taiwan dafür fallen lässt. Doch was ist der Grund dafür?
Nun, das ist schlicht und ergreifend das Geld. Die Volksrepublik nimmt wichtige Investitionen in der Region vor und stellt dafür natürlich Bedingungen, welche unter anderem die Isolation Taiwans und die Anerkennung der „Ein-China-Politik“ vorsehen. Im vorliegenden Bericht wird beschrieben, wie China unter anderem in die Infrastruktur der betroffenen Staaten investiert.
Für China ist es aus zweierlei Hinsicht sehr interessant und lohnenswert. Auf der einen Seite kann man durch die Investitionen in die Infrastruktur und der eventuellen Übernahme von Staatsschulden die entsprechenden Länder in die Einflusssphäre Pekings ziehen und zum anderen bringt man Taiwan damit in eine immer schwierigere Position, da diese dadurch immer mehr Verbündete an die Volksrepublik verlieren. Mittelfristig wird man entsprechend die Augen auf die Vereinigten Staaten richten müssen, wie diese zukünftig mit Taiwan umgehen werden. Ein Fallenlassen Taiwans wird die Glaubwürdigkeit der USA massiv beschädigen, während eine Unterstützung Taiwans mit weiteren Waffenlieferungen oder gar Stationierung von Soldaten die sowieso schon schwierigen Beziehungen mit der Volksrepublik weiter belasten wird. Ich denke allerdings, dass man dies aus geostrategischen Gründen in Kauf nehmen sollte, da China sonst einen Freifahrtsschein im südchinesischen Meer haben würde und man längst über eine Eindämmung Chinas nachdenken muss.
Beide Zwischenfälle zeigen insgesamt, wie selbstbewusst China mittlerweile in den internationalen Beziehungen auftritt. Man weiß mittlerweile um die eigene Stärke und scheut sich auch mittlerweile nicht mehr, diese einzusetzen. Dies äußert sich dann in offenen Drohungen oder die Nutzung von wirtschaftlichen Kapazitäten zum Ausbau der eigenen Einflussnahme. Irgendwann wird man, so gehe ich davon aus, das Ganze zu einem Export des „chinesischen Modells“ ausbauen. Wirtschaftlicher Wohlstand kombiniert mit einem autoritären Staat, der seine Bürger komplett ausspioniert.
Dementsprechend ist es essentiell wichtig, dass der Westen (Europa und die USA) eine gemeinsame Antwort auf das aufstrebende China findet. Dabei muss man zum einen das liberale Modell wieder attraktiv machen für andere aufstrebende Staaten und gleichzeitig muss man einen Weg finden, um China halbwegs einzudämmen.