Nach langer Zeit habe ich mir mal wieder die Zeit genommen, etwas mehr zur aktuellen Situation zum Ukraine-Konflikt und mögliche Szenarien nach einer eventuellen Niederlage zu schreiben.
Seit 2 Monaten tobt ein massiver Krieg im Osten Europas; Das größte Flächenland der Welt, welches zugleich eine Nuklearmacht ist, versucht das zweitgrößte Land Europas in seine Einflusssphäre einzuverleiben bzw. zu annektieren. Wie wir bisher sehen konnten, ist dies bisher glücklicherweise nicht gelungen. Die russischen Truppen leiden unter zum Teil massiven logistischen Problemen und auch die Moral einiger Truppenteile ist eher fragwürdig. So wurde der bisherige Plan, Kyiv einzunehmen um eine Marionettenregierung zu installieren, vorerst auf Eis gelegt und man fokussiert sich zunächst auf den Osten, sprich die Donbass-Region. Das bedeutet aber nicht, dass der Krieg zu Ende ist, ganz im Gegenteil. Wie kürzlich herausgekommen ist, plant man aktuell nicht nur die Annektion der ostukrainischen Oblasten Donezk und Luhansk, sondern auch einen Landkorridor an der Küste der Ukraine bis zu Transnistrien. Anzumerken ist dabei: Dass der Kreml ernsthaft plant, ein Schauspiel bezüglich eines Referendums zu einer „Volksrepublik Cherson“ abzuhalten, ist ein weiterer Tiefpunkt der russischen Propaganda.
Aber ich möchte keine Zusammenfassung über den andauernden Ukraine-Konflikt schreiben, sondern mich mit diesem Blogbeitrag zum einen mit dem deutschen Verhalten bezüglich Waffenlieferungen beschäftigen, als auch mit der aktuellen Situation in Moldau/Transnistrien.
Deutschlands Zögern und Zaudern bei der Lieferung schwerer Waffen
Deutschlands Agieren ist seit dem Beginn des Ukraine-Konflikts eine ewig andauernde Tragödie. Wer mich kennt, weiß wahrscheinlich gut, wie sehr ich persönlich an der zaudernden Haltung der SPD und ihres Kanzlers Olaf Scholz verzweifle. Während kurz vor Beginn des Konfliktes Waffenlieferungen an die Ukraine unter Verweis auf die deutsche Geschichte sogar komplett verwehrt worden sind wurde diese Haltung nach massivem Druck schließlich aufgegeben und man konnte sich zur Lieferung von Panzerfäusten und Stinger-Raketen durchringen. Diesbezüglich muss man sagen, dass in diesem Bereich durchaus geliefert wurde: So wurden 2500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition, 100 Maschinengewehre, 100.000 Handgranaten und 16 Millionen Schuss Munition an die Ukraine geliefert und mir ist schleierhaft, warum man dies nicht offener kommuniziert um zu zeigen, dass man was macht. Das bedeutet aber nicht, dass dadurch alles gut ist, im Gegenteil. Weitere Problemfelder sind die Russland-Politik der SPD und die Rolle von prominenten Figuren wie Gerhard Schröder oder Manuela Schwesig und die Debatte über die Lieferung von schweren Waffen.
Die Ablehnung eines Staatsbesuchs von Frank-Walter Steinmeier nach Kyiv von Seiten der ukrainischen Regierung hat die SPD schnell für sich genutzt. An Stelle einer kritischen Aufarbeitung der Russland-Politik der letzten Jahre hat man diesen diplomatischen Zwischenfall dafür genutzt, um sich über die Ukraine und ihrem deutschen Botschafter Melynk echauffieren zu können, ohne zu bedenken dass die Person Steinmeier aufgrund seiner Rolle beim Minsker Abkommen und seiner Männerfreundschaft mit Sergej Lawrov nicht wirklich wohl gelitten ist. Zur Personalie Schwesig sei kurz angemerkt, dass sie in Anbetracht der Größe des Stiftungsskandals froh sein kann, wenn sie nur als Ministerpräsidentin zurücktreten muss und nicht wegen Korruption ins Gefängnis gehen muss. Generell sind einige SPD-Politiker mit eher verstörenden Aussagen zum Konflikt aufgefallen, unter anderem prominente Figuren wie Ralf Stegner. Bei eben jenen Politikern hat man durchaus den Eindruck, dass sie ein möglichst schnelles Ende des Krieges haben wollen, um schnell zum Business as usual zurückkehren zu können. Positiv zu erwähnen sind aber auch Politiker wie Michael Roth, die den Ernst der Lage erkannt haben und sich klar von der verfehlten Russland-Politik distanzieren.
Nun sind wir bei der Debatte um die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine angelangt. Dies ist unter anderem darin begründet, dass sich der Kriegsverlauf geändert hat und die Ukraine entsprechend weiteres Material benötigt um den neuen russischen Vorstoß stoppen zu können. Tschechien hat bereits T-72 Kampfpanzer an die Ukraine geliefert, während es Gerüchte gibt, dass Polen dem nachziehen will. Zudem schicken das Vereinigte Königreich, die USA und Kanada schwere Artillerie inklusive Munition und Schützenpanzer wie den M113. Die Niederlande schicken die Panzerhaubitze 2000 (Pzh 2000) während Deutschland das Training der Ukrainer für diese Waffen übernimmt. Und dennoch muss man festhalten, dass Deutschland immer noch eine Bremser-Rolle einnimmt. Rheinmetall hat beispielsweise alte Marder-Schützenpanzer zur Verfügung, welche innerhalb weniger Wochen aufbereitet und verschickt werden könnten, was allerdings blockiert wird. Auch waren kurzfristig alte Leopard 1 Panzer im Gespräch, was wohl allerdings an der fehlenden Munition für die 105mm Kanone scheitert. Scholz argumentiert die zögernde Haltung damit, dass man keinen Atomkrieg verursachen möchte, was allerdings in Anbetracht der Tatsache, dass die anderen Länder liefern können, eher fadenscheinig ist. Auch den Koalitionspartnern FDP und Grüne sind über diese zögerliche Haltung mittlerweile frustriert und greifen den Kanzler mittlerweile offen an. Spannend ist dabei vor allem die Personalie Anton Hofreiter zu benennen, der eigentlich nicht als verteidigungspolitischer Hardliner bekannt ist aber nun zusammen mit Strack-Zimmermann von der FDP und Michael Roth von der SPD die Lieferung schwerer Waffen fordert.
Der Bundesregierung, insbesondere der SPD und ihrem Kanzler, muss klar sein, dass die Ukraine sich jetzt in einer sehr kritischen Situation befindet und Lieferungen von schweren Waffen von ALLEN Unterstützern benötigt. Am 09.Mai feiert Russland den großen vaterländischen Krieg und man kann davon ausgehen dass Vladimir Putin bis dahin Erfolge in der Ukraine vorzeigen möchte und die Offensive im Osten der Ukraine weiter verschärft. Dementsprechend muss die Ukraine in die Lage gebracht werden, diese Angriffe abwehren zu können und im Idealfall sogar eigene Offensiven starten kann. Vladimir Putin kann und darf diesen Krieg nicht gewinnen und er darf auch nicht mit faulen Kompromissen aka Abgabe von ukrainischem Territorium an Russland davon kommen. Abgesehen davon ist eine Verhandlungsbereitschaft sowieso nicht zu erkennen, eher das Gegenteil. Das Absprechen der Ukraine als eigenständigen Staat und die Negation eines eigenständigen ukrainischen Volkes lassen übles erahnen und geht mit der Deportation von Zivilisten nach Russland bereits los.
Die Situation in Moldawien
Und hier kommen wir eigentlich übergangslos zur Republik Moldau bzw. Moldawien. Gemäß den aktuellen Planungen des russischen Militärs möchte Russland nicht nur den gesamten Osten der Ukraine annektieren, sondern auch einen Landkorridor an der ukrainischen Küste über Odessa nach Transnistrien schaffen. Das kann und muss man durchaus als eine Erweiterung der Kriegskampangne nach Moldawien interpretieren, gerade in Anbetracht von Transnistrien. Transnistrien ist vereinfacht gesagt eine abtrünnige Region Moldawiens, in welcher seit den 1990er Jahren russische Truppen stationiert sind. Ein Landkorridor könnte dafür sorgen, dass russische Einheiten schnell nach Transnistrien gebracht werden um schließlich Moldawien zu überfallen.
Da das Land und seine Armee sehr klein sind, könnte das ukrainische Modell hier nicht mehr funktionieren. Da man dieses Szenario aber natürlich verhindern sollte, sollte man sich zumindest überlegen, ob man nicht kurzfristig NATO-Soldaten nach Moldawien schicken kann (Auf Einladung der Moldawischen Regierung) um diese als eine Art Stolperdraht zu nutzen. Bei allem Wahnsinn glaube ich noch nicht, dass Putin bewusst NATO-Einheiten angreifen würde. Zudem ist fraglich, ob die Russen nach dem verlustreichen Krieg in der Ukraine wirklich die Kapazitäten für einen weiteren Krieg verfügen. Aber man sollte auf alles vorbereitet sein.