Der NATO-Gipfel in Vilnius und Befürchtungen zur möglichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine

Update: Inhalt der neuen deutschen Waffenlieferung bekannt gegeben. Für weiteres siehe Update 1.

Heute beginnt der NATO-Gipfel in Vilnius und bereits im Vorfeld gab es viele Diskussionen bezüglich des weiteren Umgangs mit der Ukraine neben dem Verteidigungskrieg gegen Russland. Es hat sich früh abgezeichnet, dass es bezüglich einer Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO keine einheitliche Meinung gibt. Während vor allem die osteuropäischen Partner für eine schnelle Mitgliedschaft plädieren, versuchen die westeuropäischen Staaten und auch die USA, das ganze zu verhindern bzw. zu umgehen.

Während Deutschland knallhart an der damaligen Entscheidung von 2008 festhalten will, welches eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine mit Rücksicht auf “russische Interessen” blockiert hat, versuchen die USA, den Verzicht auf einen Beitritt der NATO mit Sicherheitsgarantien nach israelischem Vorbild schmackhaft zu machen. Klar ist auf jeden Fall, dass der Westen in der ganzen Debatte sich mal wieder völlig verängstigt zeigt und immer noch glaubt, Putin wäre ein gerissener 4D-Schachspieler den man doch bitte irgendwie einbinden müsse.

Egal was als Ergebnis herauskommen wird, dieses Thema hat auf jeden Fall ein riesiges Konfliktpotential. Während der Westen wie schon angemerkt vor allem darauf setzt, dass man mittelfristig wieder zu einem “Business as Usual” mit Russland zurückkehren will, wollen die osteuropäischen Staaten, dass die Ukraine so schnell wie möglich NATO-Mitglied wird und dass man dafür gegebenenfalls auch auf den Membership Action Plan verzichtet, welcher grundlegende Bedingungen und Ziele für die Integration festlegt. Fairerweise muss man aber auch hinzufügen, dass die grundlegende Politik der NATO auch besagt, dass man Länder, die aktuell in einem Konflikt sind, nicht aufnehmen kann, um nicht selber in einen Krieg verwickelt zu werden, was an sich eine nachvollziehbare Erklärung ist.

Meine Befürchtung ist aber, dass gerade Westeuropa und die USA versuchen werden, eine mögliche Mitgliedschaft der NATO dazu zu missbrauchen, die Ukraine zu territorialen Zugeständnissen gegenüber des russischen Angreifers zu bewegen. Dabei fällt mir das Bild mit dem Esel ein, der mit einer Karotte an der Angel motiviert werden soll, weiter zu laufen und genau dieses Prinzip ist meine Befürchtung bezüglich der Ukraine.

Nun muss man natürlich fairerweise sagen, dass die militärische Unterstützung von Seiten der westlichen Staaten nicht ohne ist, vor allem der US-amerikanische Beitrag. Dennoch muss ich zugeben, dass ich vor allem der diplomatischen Ebene (den Außenministerien) dieser Staaten nicht zu 100% über den Weg traue und ich das Gefühl habe, dass man wirklich mittelfristig zurück zur “Normalität” möchte (weil Russland angeblich ja auch irgendwie zu Europa gehöre) und zum anderen man sich als große “Friedensbringer” zelebrieren möchte, auch wenn dies sehr wahrscheinlich weitere territoriale Verluste für die Ukraine bedeuten würde und die Vernichtungsfantasien von Seiten des Regimes in Moskau negiert.

Schlussendlich wird man abwarten müssen, was der Gipfel für Ergebnisse mit sich bringt und es ist durchaus möglich, dass die Ergebnisse deutlich positiver ausfallen als ich aktuell befürchte. Es wäre wirklich schön, wenn ich mich irren würde. Und sollte der Westen tatsächlich auf die Idee kommen, die Ukraine mit dem Karotten-Manöver zu Zugeständnissen zu zwingen, dann hoffe ich doch, dass die osteuropäischen Staaten dagegen Widerstand leisten. Denn die Ukraine wäre als kriegserfahrene Nation mit hochmotivierten Soldaten ein massiver Gewinn für die NATO und kann definitiv einiges bezüglich moderner Kriegsführung und Strategien beitragen.

Und zum Schluss noch mal eine gute Nachricht: Es sieht so aus, als ob die NATO-Mitgliedschaft Schwedens endlich zustande kommt. Gestern Abend hat Erdogan verkünden lassen, dass man von Seiten des türkischen Parlaments die Zertifizierung so schnell wie möglich durchführen möchte, obwohl dieser am Morgen das ganze noch an Gespräche bezüglich einer Mitgliedschaft der Türkei in der EU abhängig gemacht hat. Zunächst einmal freue ich mich, dass die NATO nun um ein weiteres, zuverlässiges Mtiglied reicher geworden ist und zeigt, dass Putins Pläne zur “Eindämmung der NATO” katastrophal gescheitert ist, obwohl dieser von “Tankies” und anderen Putin-Freunden stets als großer Schach-Spieler dargestellt wird. Meine Vermutung ist, dass die Türkei im Gegenzug amerikanische Kampfjets bekommt, obwohl dies lange abgelehnt worden sind. Trotz aller Antipathie zu Erdogan muss ich ihm zugestehen, dass er das außenpolitische Spiel gut beherrscht.

Update 1: In der Zwischenzeit ist der Inhalt der neuen Waffenlieferung aus Deutschland bekannt gegeben worden. Dieses Paket im Wert von 700 Millionen Euro enthält:

-> 40 Marder-Schützenpanzer

-> Aufklärungsdrohnen

-> Bergepanzer

-> 2 Startgeräte für Patriot-Abwehrsysteme

-> 20 000 Schuss Artilleriemunition

-> 5000 Schuss Nebelmunition

Weil ich im vorherigen Beitrag meine Skepsis bezüglich der außenpolitischen Zielsetzungen von westeuropäischen Staaten und der USA geäußert habe, möchte ich mich zumindest im Bereich der Waffenlieferungen doch nochmals positiver äußern. Zwar hat es in Deutschland ein wenig gedauert, bis die Maschinerie angelaufen ist, aber mittlerweile ist man ein wirklich zuverlässiger und der zweitgrößte Waffenlieferant in die Ukraine. Das muss man bei aller Skepsis und Kritik auch mal angefügt werden.

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